Pberg 2019

Es klingelt an der Tür. Laut & herzlos bohrt sich dieses
kreischende Surren in meine Knochen und bringt mein Trommelfell fast zum
Bersten. Ganz zu Schweigen von dem Schreckmoment – tütütütütü – tütütütütü –
Ich springe fast aus dem Bett. 500 Dezibel weniger hätten es auch getan.

Samstag, 7:32 Uhr. Nicht, dass es so früh war – aber spät
ist es auch nicht. Ich überlege. In Mexico City habe ich gelernt nie zu öffnen,
wenn Du niemanden erwartest. schrecklich asozial fand ich dieses Verhalten damals.
Aber jetzt – ähnlich misanthrop wie meine damaligen Mitbewohner, nur anstatt in
La Roma mitten im Schwabenlands Berlin, raffe ich mich doch auf, schleppe mich
verkatert mit ungeputzten Zähnen und wilden Haaren zum Türöffner. Auf dem Weg
erhasche ich einen Blick in den Spiegel – das letzte Jahr hat mir nicht gut
getan, ich erschrecke und streiche den Spiegel, wie so oft in den letzten
Monaten, aus meinem Gedächtnis. „ISCH FANDFLASCHE SAMMELE. DU LASSEN REIN?“ höre
ich nur. Ein Nachbar war schneller. SUMM.

Und schon schleppe ich mich zurück ins Bett.

Ich könnte so froh sein. Nach 10 Jahren in einer Wohnung mit
1 Zimmer ohne Fenster, dem größten wohlgemerkt, zentral und günstig aber durch
das fehlende Fenster ein Gefühl wie in einem Schuhkarton, lebe ich endlich in
einer Wohnung mit Licht. 6 ganze Fenster, plus Balkon, plus geduldete
Dachterrasse. Ja, die Wände sind wie Pappe, man hört die Nachbarn husten und
versteht die Gespräche. Aber irgendwie verläuft nichts nach Plan oder Wunsch.
Ich übe doch wirklich sehr. Ich versuch mein Glück mit Bestellungen, bestelle
ich wohl zu groß oder zu klein, oder meine Ängste torpedieren. Existenzangst,
Angst vor Menschen & Menschenansammlungen, Angst vor Nähe, Angst vor Kontrollverlust
und so weiter und so fort. Nein, kein Autist und ja, post-traumatischen
Belastungsstörungen machen, dass einem das Herz 24 Stunden bis zum Hals klopft.

Aber zurück, wir sind ja im Bett. Kopfkino. Ich döse langsam nochmal ein. Es
klingelt schon wieder. Was mache ich denn nur? Stehe ich auf und öffne die Tür? Bleibe
ich diesmal einfach liegen? Ein wilder Kampf startet in meinem Kopf….

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